![]() ![]() Stefan Zweig, Ungeduld des Herzens In seinem ersten Roman hat Stefan Zweig ein ungeheures Problem entwickelt: das Mitleid. Er hat es entwickelt in drei großen Komplexen, die sich konzentrisch zusammenschließen um eine Mittelfigur. Es sind drei Welten (drei Männer), die Mitleid zu empfinden haben, die Mitleid schuldig sind, und ein Mittelpunkt, ein Mädchen, welches das Mitleid erfleht und herrisch verlangt und die doch alles andere eher als Mitleid will und braucht. Sie will Liebe, aber sie braucht Gnade. Stefan Zweig gibt keine kalte, trockene Dialektik. Menschliche Rührung, tiefes Begreifen des ewig Menschlichen, das ist: des ewig Tragischen; und das alles im Rahmen des alten unvergeßlichen Österreich-Ungarn: hinter blühendem Leben verwelkende Geschicke. Einfach und schlicht erzählt. Der britische Regisseur Simon McBurney erweckt den Roman des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig an der Berliner Schaubühne zu neuem Leben. Studentshelp.de ist der Service für Schüler und Studenten. ![]() Der erste Komplex in dieser meisterhaft ineinander verschlungenen Komposition ist der Vater der mitleidswürdigen Heldin. Ein kleiner, harter, kalter, tüchtiger, enger Mann, geschäftstüchtig, erfolgreich, aus der Armut und dem Getretenwerden sich brutal emporkämpfend zu gewaltigem Reichtum. Als Herr Kanitz beginnt er. Als Großgrundbesitzer, Pseudomagnat auf oberungarischem Gut, Herr von Kekesfalva, verläßt er den Rahmen des Romans. Dieser Mann hat eine schwache Stelle. Er will etwas anderes sein als er ist. Er haßt sich, er ist sich zuwider: »Er starrte sich im Spiegel an, wie man die Fotografie eines Verbrechers in der Zeitung ansieht, um herauszubekommen, wo eigentlich in den Zügen das Verbrecherische steckt, im aufgestoßenen Kinn, in der bösen Lippe, in den harten Augen.« Eben hat er ein gutes Geschäft gemacht. ![]() ![]() Ungeduld Des Herzens HörbuchAber war es nicht zu gut? Erdrückt ihn nicht die Reue, weil er eine arme, verstaubte, verblühende, ahnungslose Frau um ihren Besitz gebracht hat – und erträgt er diese Last in seinem nur scheinbar kalten Herzen nicht? »Ja, so ein Mensch müßte man seih; lieber sich betrügen lassen als zu betrügen.« Die Reue wird tätig, das Mitleid siegt, der harte Mann wird weich, der Geizige großherzig, nimmt sich dieses verstaubten Fräuleins an, heiratet es, ist glücklich mit ihr und hat ein Kind, ein bezauberndes, schmetterlingsgleich anmutiges Wesen. Hier endet das Glück. Das Mitleid rächt sich.
0 Comments
Leave a Reply. |
Details
AuthorWrite something about yourself. No need to be fancy, just an overview. Archives
April 2019
Categories |